Nachfolgend wird die privat d. h. von Herrn Lind und mir erstellte Rückhaltebeckenvariante 3K für Oppenweiler im Detail vorgestellt
Grundlagen
Die Grundlage der privaten
Planungsvariante 3K (Anmerkung: K = Küenzlen) ist die Planungsvariante 3 des Wasserverbandes Murrtal.
Die Variante 3 ist eine Vorplanung der aktuellen Variante 3b – mit Erhalt
und Weiterbetrieb der Rüflensmühle – die vom Wasserverband Murrtal verworfen
und nicht weiterverfolgt wurde.
Die Planung 3 sah vor, die
Stauhaltung der Rüflensmühle zu erhalten. Zur Erreichung der Stauhöhe wurde in
den neuen Flusslauf eine Raue Rampe eingeplant; diese hatte allerdings nur die
Breite des Flussbettes. Diese Planungsvariante hätte sowohl
Kosten für den Unterhalt der alten Stauhaltung der Rüflensmühle verursacht als
auch zu einem extremen Verlanden des Zuleitungskanals zum Kraftwerk geführt
(bei einer Flussbreite von rund 20 m und einem Anlagenzufluss von geplanten nur
1.500 l/s) Weiter hätte diese Variante zu einer frühzeitigen Vorfüllung des
Rückhaltebeckens aufgrund der geringen Breite der Rauen Rampe geführt. Darüber
hinaus wären jeweils Mindestwassermengen für die ökologische Durchgängigkeit
der einzelnen Flussläufe notwendig gewesen, die einen Weiterbetrieb der
Rüflensmühle aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich gemacht hätten.
Eine Bereitschaft von offizieller
Seite, eine Planungsvariante auszuarbeiten, die den Betrieb der Rüflensmühle
zugelassen hätte, war nicht erkennbar. Aus diesem Grund wurde von privater
Seite die öffentliche Planung überabeitet
und umfangreich aufgewertet, um den Weiterbetrieb, ja sogar den Ausbau der
Rüflensmühle, der bereits 1998 im Rahmen meiner Diplomarbeit untersucht wurde, mit einer
Leistungserhöhung von rund 50 % zu ermöglichen. Die detaillierten Ausbaupläne
der Rüflensmühle wurden hier bereits vorgestell.
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Gesamtübersicht Variante 3K: Hochwasserrückhaltebecken Oppenweiler mit Integration der Rüflensmühle (rot) |
Des Weiteren wurde das privat
erstellte Konzept um die Bereiche Naherholung und Naturschutz erweitert .
Im Einzelnen wurde in der Variante 3K gegenüber der Variante 3 folgendes
ergänzt bzw. verändert:
- Stauhaltung Rüflensmühle mittels Schlauchwehr, Abflussleistung 121 m³/s bei
einer Breite von ca. 25 m
- Entfernung der Rauen Rampe als Stauhaltung der Variante 3 und der
ursprünglichen Stauhaltung der Rüflensmühle
- Schacht mit Tiefschütz im Dammbauwerk mit maximalem Durchfluss von 5 m³/s für
das Zuleitungsgewässer
- Erweiterung Rüflensmühle mittels Wasserkraftschnecke, Ausbau der
Kraftwerksleistung von 1.350 l/sec auf 2.600 l/sec
- Raugerinne mit Beckenstruktur im bisherigen Flussbett der Murr als
Fischaufstieg
- Erweiterung der Biotopstruktur zwischen Rüflensmühle und Dammbauwerk
- Parkplätze zur Naherholung
- Zugang zum Wasser und Informationsplattform
- Spiel- und Liegewiese
Da es auf rein privater Basis mit
enormem Aufwand verbunden ist, eine solch komplexe Planungsüberarbeitung
durchzuführen, wurde Herr Prof. Dr. Jürgen Giesecke bereits Ende 2011 um eine
erste Stellungnahme zur Machbarkeit dieser damals von den Autoren nur grob
skizzierten Variante 3K gebeten. In seiner Stellungnahme bescheinigte Herr
Prof. Dr. Giesecke Anfang 2012 dieser Planungsvariante eine Möglichkeit für das
gleichzeitige Berücksichtigen der Belange aller Betroffenen und eine
prinzipielle Ausführbarkeit in wasserbaulicher Sicht:
„Die
Schlussfolgerung aus den Darlegungen ist, dass durchaus für alle Seiten der am
Projekt „Hochwasserschutz Oppenweiler“ beteiligten Parteien eine
Kompromisslösung gemäß dem jüngsten Vorschlag der Familie Küenzlen als möglich
erscheint. Sowohl die flussbaulichen Maßnahmen zum effizienten
Hochwasserschutz, die Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens
(Trockenbecken), ferner die Aufsiedelung hochwassergeschützter Flächen, die
Straßenumlegung der B14 und die Schaffung von Erholungs- und Freizeitzonen als
auch die bedeutsame Wahrung des der Familie Küenzlen zustehenden Wasserrechtes
und die verstärkt nachgefragte Wasserkraftnutzung lassen sich durchaus auf
einen Nenner bringen.“
Diese Stellungnahme war der
endgültige Startschuss für die beiden Autoren, diese Planung zu verfeinern und
im Detail privat weiter auszuarbeiten. Durch eine weitere, inzwischen erhaltene
Stellungnahme (nebst Detaillierung der Planung) von Herrn Dr. Klaus Jorde
(Schneider & Jorde / KJconsult) wurde endgültig die wasserbauliche
Ausführbarkeit der Variante 3K bestätigt.
Hochwasserschutz
Bei Planung der privaten Variante 3K
wurde großer Wert darauf gelegt, die gleiche Leistungsfähigkeit bei Hochwasser
wie die öffentlichen Variante 3b – d. h. eine niedrigere
Regelabgabe des Beckens durch Vermeidung einer Vorfüllung wie in Variante 3 –
zu erreichen. Aus diesem Grund wurde die Abflussleistung über das geplante
Schlauchwehr auf die Regelabgabe von 121 m³/s – bei einer Wehrbreite unter 25 m
– festgelegt. Bei Hochwasser wird der Schlauch abgesenkt und vermeidet so an
dieser Stelle eine ungewollte Vorfüllung des Hochwasserrückhaltebeckens. Die
Abtrennung des neuen Zuleitungsgewässers zur Rüflensmühle vom Rückhaltebecken
erfolgt durch einen Tiefschütz im Damm des Beckens. Auch hier wurde Wert auf
eine betriebssichere Konstruktion gelegt, um die Funktionsfähigkeit des
Rückhaltebeckens in vollem Umfang zu gewährleisten. Damit hat die Variante 3K
die gleiche Leistungsfähigkeit in Sachen Hochwasserschutz und Betrieb des
Rückhaltebeckens wie die Variante 3b.
Die ökologische Durchgängigkeit der
Planungsvariante 3b des Wasserverbandes Murrtal zur Erfüllung der europäischen
Wasserrahmenrichtlinie soll alleine durch die vollständige Beseitigung der
Stauhaltung der Rüflensmühle erfolgen. Bedingt durch die Verbreiterung des
Flussbettes für die geplante Regelabgabe des Rückhaltebeckens von rund 121 m³/s
wird für die Durchgängigkeit des neuen Flussbettes (gemäß Stellungnahme des
zuständigen Landratsamtes) eine Mindestwassermenge von 1,3 MNQ in Höhe
von 800 l/s benötigt. Andernfalls kann sonst die notwendige
Wassertiefe innerhalb des gegenüber dem vorhandenen Flussbett (Breite ca. 9 m)
stark verbreiterten neuen Flussbettes für die im Fluss
lebenden Fische nicht erreicht werden. Des Weiteren müsste in der
Planungsvariante 3b die Durchgängigkeit des sehr langen Durchlassbauwerkes
(inklusive Tosbecken) dauerhaft gewährleistet werden.
In der Variante 3K wird die
ökologische Durchgängigkeit des Standortes Rüflensmühle durch ein Raugerinne
mit Beckenstruktur, bestehend aus 25 Becken, auf einer Länge von rund 100 m bei
einer Höhendifferenz von knapp 3,2 m erreicht. Dies entspricht einer
Absturzhöhe pro Becken von ca. 13 cm. Die Planung des Raugerinnes wurde eng an
das Merkblatt DWA-M 509 „Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke“
angelehnt. Das Gerinne wird im ursprünglichen Murrbett angelegt. Aufgrund der Beckenstruktur genügen für den Betrieb des Raugerinnes 200 l/s
an Mindestwasser.
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Raugerinne mit Beckenstruktur als Fischausftieg im bisherigen Flussbett der Murr |
Das angrenzende Biotop (lila Einfärbung) ist Teil des Gerinnes und wird an ca. 90 Tagen im Jahr von maximal ca. 2,2 m³/s durchströmt, nur bei Stillstand der Wasserkraftanlagen kann eine höhere Durchströmung erfolgen. Durch die verwendete Beckenstruktur kann die erforderliche Fließtiefe auch bei kleinen Abflüssen erreicht werden. Fischen stehen bei dieser Bauweise mehr Ruhezonen zur Verfügung. Zur Sicherstellung der ökologischen Durchgängigkeit für Wirbellose und schwache Schwimmer wurden sowohl Öffnungen in Sohlnähe als auch Lücken am Ende der Riegel vorgesehen. Zur Instandhaltung wurde ein Bewirtschaftungsweg (grüne Einfärbung) geplant.
Erweiterung der Wasserkraftnutzung
Im Zuge der Planungsvariante 3K
wurde mit Blick auf den Fischabstieg der Einbau einer zusätzlichen
Wasserkraftschnecke vorgesehen. Damit soll ein Ausbaugrad von 2.600 l/s
erreicht werden, der einer Wassermenge entspricht, die an ca. 100 Tagen im Jahr
in der Murr überschritten wird. Derzeit verfügt die Rüflensmühle nur über
eine Turbine mit maximalem Schluckvolumen von 1.350 l/sec.
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Geplante Ausführung der Wasserkraftschnecke im vorhandenen Bauwerk mit minimalem Eingriff in das bestehende Bauwerk (Planung Firma REHART GmbH Ehingen) |
Durch diese Erweiterungsmaßnahme
wäre bei Niedrigwasser nur im Raugerinne selbst die Mindestwassermenge von 200
l/s vorhanden, da direkt am Ende des Raugerinnes in Niedrigwasserzeiten das
gesamte Wasser der Murr wieder über den Betrieb der Wasserkraftschnecke zur
Verfügung steht. Der ca. 200 m lange, mittelalterliche
Ausleitungskanal der vorhandenen Turbine wäre in der Regel nur noch bei
größeren Abflüssen (> 1.000 l/s) in Betrieb. Die Inbetriebnahme der Turbine
würde so erfolgen, dass im Flussbett unterhalb des Raugerinnes in der Regel
eine Wassermenge von mindestens 500 l/s zur Verfügung stehen würde, um die ökologische
Durchgängigkeit und die dafür notwendigen Wasserhöhen für die
bemessungsrelevante Fischart zu gewährleisten. Diese Wassermenge von 500 l/s
wurde vom zuständigen Landratsamt zur Umsetzung der europäischen
Wasserrahmenrichtlinie in diesem Abschnitt der Murr festgelegt.
Das neue Flussbett innerhalb des
Trockenbeckens wird erst ab Abflüssen über 5.000 l/s (an ca. 35 Tagen im
Jahr) überhaupt von Wasser durchflossen. Bedingt durch diese niedrigen
Abflüsse ist eine natürliche Sohlausbildung im gesamten – in der Variante 3K
neu geplanten – Bereich der Rüflensmühle möglich, eine ungewollte Ausspülung
des Sohlsubstrates bei Hochwasser erfolgt nicht. Bedingt durch regelmäßig
erhöhte Abflüsse kommt es ebenfalls nicht zur einer Verschlammung des Bereiches.
Im Bereich Rüflensmühle wird damit der von der europäischen
Wasserrahmenrichtlinie geforderte gute ökologische Zustand ohne größeren
Aufwand erreicht. Künstliche Fremdkörper wie z. B. ein ca. 100 m langes
Durchlassbauwerk wie in Variante 3b müssen hier nicht passiert werden.
Als Vorbild dieser Kombination aus
Wasserkraftschnecke und Fischaufstieg zur ökologischen Verbesserung eines
Flusslaufes diente das bereits ausgeführte und in einer Stellungnahme des
Regierungspräsidiums Stuttgart als positiv beurteilte Kraftwerk Klepsau an
der Jagst: „Mit der Abgabe eines zusätzlichen
Mindestabflusses von ≥ 1MNQ über eine Wasserkraftschnecke und den Fischaufstieg
hat sich sofort ein guter ökologischer Zustand dort eingestellt“.
Hier konnte durch die Kombination aus Wasserkraftschnecke und Fischaufstieg
eine deutliche ökologische Aufwertung des Standortes gegenüber dem bisher
vorhandenen Ausleitungskanal des Kraftwerkes erreicht werden. Auch hier ist die
Turbine nur noch bei größeren Abflüssen in Betrieb.
Darüber hinaus wird neben der Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit im Bereich Rüflensmühle ein ca. 600 m langer Flussbereich ohne unnatürlich hohe Fließgeschwindigkeiten geschaffen. Die Gewässersohle und die Randbereiche in diesem Flussabschnitt können sich ohne übermäßigen Hochwasserstress entwickeln, auch größerer Bewuchs inklusive großer Bäume in Sohlnähe kann zugelassen werden.
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Kombination aus Wasserkraftschnecke (im Hintergrund rechts) und Sohlgleite zum Fischauf und -abstieg (im Vordergrund links) in Klepsau an der Jagst |
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Wasserkraftschnecke in Klepsau an der Jagst |
Darüber hinaus wird neben der Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit im Bereich Rüflensmühle ein ca. 600 m langer Flussbereich ohne unnatürlich hohe Fließgeschwindigkeiten geschaffen. Die Gewässersohle und die Randbereiche in diesem Flussabschnitt können sich ohne übermäßigen Hochwasserstress entwickeln, auch größerer Bewuchs inklusive großer Bäume in Sohlnähe kann zugelassen werden.
Ökologische Aufwertung im Bereich des Zuleitungsgewässers
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Vorhandenes, nach § 32 NatSchG streng geschütztes Feuchtbiotop im Staugebiet der Rüflensmühle |
Des Weiteren soll der Bereich um das
Raugerinne entsprechend als Biotop ausgebildet werden. Vor allem der BUND setzt sich für den ökologischen Ausbau von
Wasserkraftanlagen in Baden-Württemberg ein. Vom BUND heißt es dazu wörtlich: „Der
BUND Baden-Württemberg fordert den ökologisch verträglichen Umbau und Ausbau
der Wasserkraft in Baden-Württemberg. Er spricht sich für die Modernisierung
oder den Neubau von Wasserkraftanlagen an bestehenden Querverbauungen aus, wenn
dabei eine ökologische Verbesserung erzielt wird. Mit seinem Bekenntnis zur
Wasserkraft nimmt der BUND Baden- Württemberg einen Verzicht auf die
ökologische Optimierung der betroffenen Gewässer in Kauf“.
Da durch die Abschottung des
Zuleitungsgewässers im Falle der Beckenfüllung in diesem Bereich keine
unnatürlich hohen Strömungsgeschwindigkeiten auftreten (entgegen dem
Uferbereich des neuen Hochwasserkanales), können sich hier die Ufer- und
Biotopbereiche ungestört entwickeln. Sie profitieren von den wechselnden
Wasserständen im Zuleitungsgewässer, d. h. die neuen Biotope können so angelegt
werden, dass diese ab bestimmten Zuflüssen in diesem Bereich überschwemmt
werden bzw. auch dauerhaft feuchte Bereiche sind angedacht.
Naherholungskonzept
Als weitere Säule der Variante 3K
wurde ein Konzept zur Verbesserung der Naherholungsmöglichkeiten integriert. Das breite, unbebaute Flusstal (flussaufwärts der Rüflensmühle in
Richtung Sulzbach) und insbesondere der für den Autoverkehr
gesperrte landwirtschaftliche Weg entlang der Murr sind beliebt bei Radfahrern,
Joggern, Spaziergängern und Inline-Skatern. Direkt im Bereich der derzeitigen
Wehranlage befindet sich ein Knotenpunkt des überregional bekannten
Stromberg-Murrtal-Radweges.
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Plandetail der Variante 3K mit vorhandenem und neu zu schaffendem Biotopen (violette Einfärbung) im Bereich des derzeitigen Staugebietes der Rüflensmühle |
In diesem ganzen Bereich fehlen seit
Jahren Parkplätze. Die Variante 3K enthält aus diesem Grund direkt im Baufeld
des künftigen Dammes Parkmöglichkeiten. Für diese Parkmöglichkeiten werden
lediglich Flächen verwendet, die bisher als Ackerland genutzt wurden und zur
Herstellung des Dammes und des Hochwasserkanales sowieso herangezogen und
beeinträchtigt werden (rote Pfeile).
Angrenzend an die Parkplätze werden
weitere Flächen des Baufeldes des Dammes als Spiel- und Liegewiese ausgebildet.
Des Weiteren wird im Bereich des neuen Dammes ein Zugang zum Wasser vorgesehen.
Als Zugang zum Flusslauf ist eine Treppe nebst Plattform unterhalb des Dammes
geplant. Dieser Zugang ist von den Parkplätzen schnell erreichbar.
Als Informationsmöglichkeit über die
Funktionsweise des Rückhaltebeckens, die regenerative Energieerzeugung und über
die angrenzenden Biotope wurde auf dem Damm (im Bereich des Tiefschützes) eine Informationsplattform mit entsprechenden Informationstafeln
eingeplant. Die Plattform bietet die Möglichkeit, von oben in die Biotope
einzusehen. Das Technikbauwerk Wehr und die regenerative Energieerzeugung durch
Wasserkraft werden damit ebenfalls erlebbar.
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